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Seit Jahren deutlich steigende Antragszahlen zeigen: Nordrhein-Westfalen steht bei Ärztinnen und Ärzten, die ihr Examen außerhalb der Europäischen Union erworben haben, hoch im Kurs. Wird bei der Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses eine Gleichwertigkeit nicht festgestellt, muss als Voraussetzung für eine Approbationserteilung eine sogenannte Kenntnisprüfung bestanden werden. Das Land hat die Durchführung dieser Prüfung seit dem 5. Februar 2021 für ganz Nordrhein-Westfalen auf die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) übertragen.
Wie können Ärztinnen und Ärzte auf dem Weg zur Approbation unterstützt werden und welche rechtlichen Rahmenbedingungen gilt es zu beachten? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer landesweiten Online-Veranstaltung am 2. März 2023, zu der das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS), die Bezirksregierung Münster, die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), die Ärztekammer Nordrhein (ÄKNO) und die ÄKWL leitende Ärztinnen und Ärzte, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Personalverantwortliche eingeladen hatte.
Professor Frank Stollmann, Leitender Ministerialrat, im MAGS für die approbierten Heilberufe zuständig, eröffnete in Vertretung für Staatssekretär Matthias Heidmeier die Veranstaltung. Er hob bereits eingangs hervor, dass man sich in einem Spannungsfeld bewege, bei dem die notwendigen Qualifizierungsanforderungen allein mit Blick auf den Patientenschutz nicht aus den Augen verloren werden dürften. Auch der Präsident der ÄKNO, Rudolf Henke, betonte in seinem Grußwort die Bedeutung der Sicherstellung von Qualitätsstandards im Rahmen des Zugangs zum ärztlichen Beruf. Daran habe auch, wie Matthias Blum, Geschäftsführer der KGNW, ergänzte, das Krankenhaus als Arbeitgeber im Sinne der Mitarbeiterbindung ein Interesse. Das Krankenhaus sei zudem längst ein „Ort der Behandlung unterschiedlicher Nationalitäten“ auf Seiten der Patientinnen und Patienten wie der ärztlichen Teams geworden, wovon alle Nutzen hätten.
Nordrhein-Westfalen hat bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in vielerlei Hinsicht eine Vorreiterrolle inne. Mit dem Ziel, die Anerkennungsverfahren zu vereinheitlichen und zu beschleunigen, wurde von Seiten des Landes die Zentrale Anerkennungsstelle für Gesundheitsberufe (ZAG) bei der Bezirksregierung Münster eingerichtet. Dr. Simone Gurlit, Leitende Regierungsmedizinaldirektorin im Dezernat 24 der Bezirksregierung Münster, dem unter anderem auch die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zugeordnet ist, stellte heraus, dass mit der ZAG die Zuständigkeiten gebündelt und für alle Beteiligten eine Anlaufstelle geschaffen worden sei, bei der die Berufszulassung „aus einer Hand“ bearbeitet werde. Organisatorisch betreue der Bereich ZAG-PuG die Pflege- und Gesundheitsfachberufe und der Bereich ZAG-aH die approbierten Heilberufe. Seit Übertragung der landesweiten Zuständigkeit für die approbierten Heilberufe auf die ZAG-aH im Juli 2020 ist die Zahl der zu bearbeitenden Anträge deutlich gestiegen. Die internen Verfahrensabläufe, so Dr. Gurlit, seien standardisiert und optimiert worden. Sie sei zudem für die hervorragende Zusammenarbeit mit der ÄKWL dankbar, mit der es gelungen sei, die früher problematischen Wartezeiten auf eine Kenntnisprüfung praktisch abzuschaffen.
Dr. Hans-Albert Gehle, Präsident der ÄKWL, dankte für das Vertrauen, das das Land in die Arbeit der ÄKWL setze. Die Aufgabe sei der ÄKWL auf der Grundlage von § 9 des Heilberufsgesetzes übertragen worden. Rechtlich handele es sich um eine Aufgabe nach Weisung, bei der die ÄKWL der Fach- und Rechtsaufsicht des Landes unterliege. Die Inhalte der Kenntnisprüfung seien durch § 37 der Ärztlichen Approbationsordnung auf die beiden Kernbereiche der ärztlichen Ausbildung – die Innere Medizin und die Chirurgie – festgelegt und umfassten als ergänzende Aspekte die Notfallmedizin, die Klinische Pharmakologie beziehungsweise die Pharmakotherapie, Bildgebende Verfahren, den Strahlenschutz und Rechtsfragen der ärztlichen Berufsausübung. Es handele sich um eine am Kenntnisstand der ärztlichen Abschlussprüfung orientierte Prüfung, die bei Erfolg zur Erteilung der Approbation führe. Die Approbation erlaube dann die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufs und ermögliche, eigenständig den Weg für weitere ärztliche Spezialisierungen einzuschlagen. Dies habe eine besondere Wertigkeit, was im Hinblick auf die Berufszulassung mitbedacht werden sollte.
Dr. Gehle stellte die Leistungen der ÄKWL im Umsetzungsprozess dar, um ärztliche Kolleginnen und Kollegen erfolgreich auf dem Weg zur Approbation zu begleiten. Die ÄKWL biete inzwischen eine Termingarantie, die allen Beteiligten – Kandidatinnen und Kandidaten ebenso wie der ärztlichen Leitung – einen sicheren Planungs- und Vorbereitungsprozess erlaube. Die Kammer habe einen einheitlichen Organisationsrahmen und ein einheitliches Prüfungskonzept etabliert. Mit der Verfahrensvereinheitlichung, die auf funktionsgerechte Räumlichkeiten, ablauf- und inhaltstrukturierende Fallkonzepte mit Schauspielpatientinnen und -patienten sowie ein standardisiertes Bewertungsschema setze, sei ein wesentlicher Beitrag zur Qualitätssicherung geleistet worden. Die Kenntnisprüfung sei eine anspruchsvolle Prüfung für einen verantwortungsvollen Beruf, die mit einer zielgerichteten Vorbereitung gut zu schaffen sei.
Über einen solchen Prüfungserfolg konnten sich bereits 598 Ärztinnen und Ärzte1 freuen, wie Jürgen Herdt, Stabsstelle für Planung und Entwicklung der ÄKWL und Leiter des „Organisationsbüros Fachsprachen- und Kenntnisprüfung“ bei der Präsentation der Evaluationsergebnisse darstellte. Zwar benötigten etwa die Hälfte der Kandidatinnen und Kandidaten mehr als einen Prüfungsversuch. Da die Nicht-Bestehensquote mit der Zahl der Wiederholungsprüfungen aber sehr deutlich abnehme, bestehe nur ein geringer Anteil der Kandidatinnen und Kandidaten die Prüfung in den drei möglichen Versuchen nicht.
Aus den Erfahrungen der inzwischen über 1150 von der ÄKWL organisierten Kenntnisprüfungen formulierte Herdt fünf Empfehlungen: Zunächst sei es das Wichtigste für die Kandidatinnen und Kandidaten, das Internet richtig einzuordnen. Diese Empfehlung sei alles andere als trivial. Das Internet sei als Informationsmedium unzweifelhaft hilfreich. Gleichzeitig trügen aber verzerrende Kommentierungen in einschlägigen Foren zu unnötiger Verunsicherung selbst gut vorbereiteter Kandidatinnen und Kandidaten bei. Hier gelte es, die Nutzerkompetenz wie das Selbstvertrauen zu stärken.
Darüber hinaus solle mit einer Berufserlaubnis nicht einfach „losgelegt“ werden. Die Berufserlaubnis werde nicht ohne Grund von der Bezirksregierung nur zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung erteilt. Am Beginn sollte ein strukturierter, vorausschauender Vorbereitungsplan stehen. Es sei zudem sehr hilfreich, nicht in einem einzelnen Fachgebiet mit der Berufserlaubnis tätig zu werden. Innerhalb eines Krankenhauses müsse der Weg zur Approbation als ein Anliegen des „Gesamthauses“ betrachtet und beispielsweise Rotationskonzepte entwickelt werden, in die vor allem die prüfungsrelevanten Fächer eingebunden werden sollten. Die Kandidatinnen und Kandidaten erweiterten so zum einen ihr Wissens- und Erfahrungsspektrum. Zum anderen erhalte man als Chefärztin beziehungsweise Chefarzt so von leitenden Kolleginnen und Kollegen ein Feedback, mit dem der Kenntnisstand fachübergreifend eingeschätzt werden könne. Wichtig sei zudem, Hemmungen vor der Erstprüfung zu nehmen. Diese sollte weder krankenhaus- noch kandidatenseitig zu sehr hinausgezögert werden. Laufe die Berufserlaubnis aus, entstehe bei einem möglichen Scheitern zeitlicher, psychischer und zum Teil auch finanzieller Druck, der leicht vermieden werden könne. Hilfreich sei darüber hinaus, im Berufsalltag Lernimpulse und ein „forderndes“ Lernumfeld zu schaffen. Unterstützung befreie aber Aspirantinnen und Aspiranten nicht von Eigenverantwortung. Der Weg zur Approbation müsse in diesem Sinne gemeinsam gegangen werden.
Unter dem Titel „Wer darf was?“ ging Regierungsdirektorin Maike Vossenberg, juristische Dezernentin bei der ZAG-aH, neben einer Darstellung des Ablaufs des Anerkennungsverfahrens in Nordrhein-Westfalen vor allem auf die rechtlichen Implikationen einer Berufserlaubnis ein, die zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung für ein nordrhein-westfälisches Krankenhaus beantragt werden können. Dafür müssten die antragstellenden Personen bei der ZAG-aH mit entsprechenden Dokumenten belegen können, dass sie ihre ärztliche Ausbildung in ihrem Ausbildungsland abgeschlossen haben. Die Abgeschlossenheit der Ausbildung sei in einigen Ländern nicht schon bereits durch das Studium an der Universität gegeben, sondern umfasse gegebenenfalls auch das Absolvieren einer praktischen Phase und gegebenenfalls das Bestehen einer dem sogenannten Staatsexamen ähnlichen Prüfung.
Die ZAG-aH erteile eine Berufserlaubnis gemäß § 10 Abs. 1 Bundesärzteordnung in der Regel für 24 Monate zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung. Sie ermögliche eine Teilhabe am ärztlichen Berufsalltag, allerdings mit der Beschränkung „unter Anleitung und Aufsicht approbierter Ärztinnen und Ärzte“. Vossenberg hob hervor, dass es dabei keinen Positivkatalog gebe, der abschließend festlege, wie ein Arzt beziehungsweise eine Ärztin mit Berufserlaubnis tatsächlich eingesetzt werden dürfe. Dies liege in der Organisations- und Delegationshoheit der jeweiligen Gesundheitseinrichtung. „Im Zweifel haftet die beaufsichtigende und anleitende beziehungsweise die organisatorisch verantwortliche Person mit. Problematisch dürfte mindestens eine notärztliche Tätigkeit sein“, stellte Vossenberg klar. Denn bei Notarztfahrten handele es sich in der Regel um selbstständige und weisungsfreie Tätigkeit und damit um eine Verletzung der Berufserlaubnisauflagen, die strafrechtliche Konsequenzen haben können.
Vossenberg wies in diesem Zusammenhang auf die Gefahren hin, die sich bei sogenannten qualifizierten Arbeitszeugnissen im Hinblick auf die Beurteilung von Berufserfahrung ergeben können, wenn dabei Tätigkeiten und der Erwerb von Kompetenzen hervorgehoben würden, die den rechtlich zulässigen Rahmen überschreiten würden. Im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung trete dann die Krankenhausaufsicht unter Umständen an die Betriebsleitung heran.
Die anschließende Diskussion zeigte, dass gerade diese Thematik die Verantwortlichen in den Krankenhäusern sehr beschäftigt. Vossenberg empfahl, alle Prozesse und Maßnahmen, die in einer Klinik implementiert sind, um eine Aufgabendelegation vorzubereiten und sich von den Kompetenzen des Einzelnen zu vergewissern, sorgfältig zu dokumentieren. „Prozesse nachvollziehbar festschreiben und rechtzeitig gut dokumentieren hilft bei möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen“, so Vossenberg. Im Vordergrund müsse die zielgerichtete Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung stehen. Organisatorisch könnten Krankenhäuser antragstellende Ärztinnen und Ärzten vor allem mit Blick auf die Vollständigkeit der Unterlagen begleiten. Hierbei könne im Anerkennungsverfahren in der Regel viel Zeit gespart werden.
Hier finden Sie wetere Informationen zur Kenntnisprüfung der ÄKWL.
1 Die Angaben bilden den Stand zum Zeitpunkt der Veranstaltung (02.03.2023) ab.
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